Lichterfeste und Jahreswechsel in der dunklen Jahreszeit

eine beleuchtete Box als Schattentheater, zwei Figuren - ein Kind und ein Hund als Schattenfiguren - die Bühne steht im Raum einer Bücherei bereit zum Ausprobieren

oder: Rituale und rituelles Spiel in der NaturSpielpädagogik

Rituale…
… sind feierliche Handlungen mit hohem Symbolgehalt. Sie finden nach festen Regeln statt. Beginnend mit dem Anlass und gefasst in einem Beschluss, wird formal nachahmbar, öffentlich, unwiderruflich, zeitlich begrenzt und wiederholbar eine Wirkung unabhängig von ihrer Bedeutung erzielt. Diese Wirkung ist durch Erhabenheit motiviert und soll einen spürbaren Wandel verursachen.
Unvollständige Rituale, auch rituelle Handlungen oder rituelles Spiel, entstehen meist, wenn zu einem Ritual mindestens eine der genannten Komponenten fehlt. Dann sprechen wir z.B. von Zeremonien, Spiel, Sport, Routine, Sitten und Brauchtum, etc.
Das heißt …?! (Fast) Alle Kulturen feiern in der kalten und dunklen Jahreszeit Feste, rituelle Handlungen, und Rituale zum Thema Licht, Wärme, Liebe und Leben. Dazu gehören zum Beispiel Weihnachten, Chanukka, Divali, oder Wintersonnenwend-Feste. An vielen Orten konnten zuletzt auch Feste und Veranstaltungen rund um LichterInstallationen besucht werden, die freier von religiösen Motiven, ein breites Publikum anzogen.

Rituale und Naturprozesse

Gerade am Ende eines Jahres rekapitulieren wir Gesagtes und Getanes, fragen uns nach dem Sinn und suchen einen hoffnungsvollen Ausblick. Im Winter ruht die Natur. Die Sonne scheint wenig und scheinbar schwach – gibt wenig Licht und Wärme. Die Arbeiten in der Natur (z.B. Landwirtschaft, Sammeln von Naturmaterialien) sind getan und es blieb früher nur zu hoffen, dass diese Arbeiten genug Ertrag gebracht hatten, um bis zur nächsten Wachstumsperiode zu kommen. Kein Wunder also, dass in dieser “von Natur aus” kargen Periode im Jahr gehofft, gebangt, oder nach Halt gesucht wurde. Dabei begangene rituellen Handlungen und Rituale sind gleichermaßen zyklisch und ereignisbezogen zur Jahreszeit. Wie alle Rituale verbinden sie uns mit großen Geheimnissen des Lebens, füllen eine innere Leere, oder befriedigen unser spirituelles Grundbedürfnis . Denn die Verbindung von Alltäglichem und Gewöhnlichem mit Höherem gibt Orientierung und Hoffnung.
Mit dem Jahreswechsel enden diese viel bekannten und weit verbreiteten Veranstaltungen aber nicht. Bis zu Frühlingsanfang haben die Menschen weiterhin das Bedürfnis, “Licht” für sich greifbar zu machen, die länger werden Tage zu feiern, und sich auf das Wiedererwachen der Natur zu freuen.

Sind das nicht veraltete und unzeitgemäße Ansätze für moderne Kinder?

Am 11.01.2025 starten wir die erste Veranstaltung der Laub-Lausch-Bilder 2025, angelehnt an eben so ein Lichtfest, nämlich das irische Imbolc zu Ehren von Brigit, das später mit Maria Lichtmess am 2. Februar zusammen fiel. Dieses Fest, diese Göttin, diese Tradition lädt zum Geschichten erzählen ein. Und aus so einer Erzählung kann man viele Anknüpfpunkte für moderne Kinder finden. Das ist der Markenkern der NaturSpielpädagogik: Nehmen was da ist, mit spannenden Geschichten staunen wecken, um dann mit Erlebnis, Spiel und Handwerk den Dingen in der Welt, die moderne Kinder fesseln, auf den Grund zu gehen. Heute sind vorrangig KiTa-Kinder anwesend, also richten wir uns nach ihrem Stand der Dinge:

 Wir erleben, wie man an einem sonnig-kalten Wintertag Schatten fangen kann. Wo ist mein Schatten? Wann steht mein Schatten jemanden im Licht? Wie halte ich Schatten fest, dass ich deren Abbilder später mit nach Hause nehmen kann?
In die Geschichtenerzählung lassen sich Fachinformationen spielend einbauen. Sehen wir’s uns gemeinsam an: Wie entstehen eigentlich Tag und Nacht? Wie ist das denn, wenn Sonnenlicht auf die Erde fällt?

Wir spielen Rate-Spiele: Welcher Gegenstand lässt sich in diesem Schatten erkennen? Und können die Kinder es in Worte fassen? “Das ist ein In-der-SchüsselUmrührer” hören wir richtiger Weise zum “Schneebesen”. Und manch ein Papa fühlte sich ertappt, wenn das Kind sooo selbstverständlich einen Bieröffner im Produkt einer bekannten Limo-Firma erkennt …
Dann die Lichtspiele selbst. Für die KiTa-Kinder ist es alles andere als selbstverständlich, was das Taschenlampenlicht so alles zeigt. Das muss erst mal erforscht werden: Lichtpunkte jagen sich oder fliehen voreinander; von der Leinwand zu Decke – schon haben wir eine größere Spielfläche für die Punkte – und wenn alle sitzen, passiert auch niemandem was, während wir das Licht über uns mit unseren Blicken verfolgen. Und was macht das Licht jetzt sichtbar? Schau mal, die Muster in den Pullis und Shirts: mal gestrickt mal gewebt, mal dicht mal mit vielen Lücken. Das Licht macht die Hand rot. Warum denn ausgerechnet rot? Ach ja, das Blut. Gucke mal, es ist auch im Ohr. Und im Kinn. Nur bei manchen Erwachsenen sind
Haut und Knochen schon so viel größer, dass das Licht nicht mehr so gut durch kommt, wie bei den Kinderhänden.

Es gibt Schattenspiele und schnell entstehen an der Wand Vögel, Krokodile oder Giraffen.
Schließlich sammeln wir uns zum kreativen Gestalten von Figuren für ein Schattentheater. Wirklich alle Kinder wollen mindestens eine Figur machen. Das freut uns sehr. Und dann darf sie natürlich auch jede*r unter Applaus dem Publikum präsentieren. Auch da wird vorher ausgiebig geübt – nicht weil das Theater so schwer ist, sondern weil die Kinder schon erst mal schauen müssen, wie sie sich stellen können, dass der eigene Schatten nicht die Figur verschwinden lässt. Mal feststecken, mal im Tandem mit Erwachsenen, weil immer nur vor der Bühne die
Figur sichtbar ist. Es ist toll, zu sehen wie (Groß-)eltern und Kinder sich da abwechseln und die gemeinsame Zeit erleben.
Mit um die 30 Personen ist es in der Kinderecke der Stadtteilbücherei Holtenau schon fast ein bisschen eng, aber das kreative Chaos macht es auch irgendwie gemütlich und der für die Kinder (und Erwachsenen) vertraute Ort lädt sehr zum geselligen Miteinander beim Spielen und Lernen, beim Geschichten erzählen und Erleben ein.

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